Die Geschichte
Die Geschichte der Festung Küstrin reicht bis ins XVI. Jahrhundert zurück. Von den Hohenzollern als befestigte Residenz (Hauptstadt der Neumark) in altitalienischem Stil erbaut, wurde sie im XVII und XVIII Jahrhundert zuerst von niederländischen später dann von französischen Ingenieuren ausgebaut. Neue Werke kamen hinzu. Seit dem 30jährigen Krieg wurde die dort stationierte Garnison ständig erweitert. Anfang des XVIII Jahrhunderts zählte die Küstriner zu den bedeutendsten Festungen im preußischen Königreich.
Die Regulierung der Flüsse Oder und Warthe und der Ausbau der Infrastruktur (z. B. der Bau von Straßen und der Eisenbahnlinie) nach 1815 führte dann auch zu einer Erweiterung der Festung. Sie bekam Anschluss an die Eisenbahnstrecke, die Brückenköpfe wurden befestigt, und im westlichen Vorfeld der Festung kamen mehrere Außenwerke (sogenannte ''Lünetten'') hinzu.
Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre des XIX Jahrhunderts wurden die gezogenen Geschütze eingeführt. In Treffsicherheit und Reichweite waren sie den stationären Kanonen weit überlegen. Die Sicherheit der Festungsanlagen war nicht mehr gewährleistet, weil ein Angreifer nun mit Hilfe der weitreichenden Kanonen in der Lage war, selbst aus großer Entfernung den Innenbereich der Festung zu treffen.
Um dies zu verhindern, ist in den Jahren 1864 bis 1872 in der „Kurzen Vorstadt“ das erste vorgeschobene Fort errichtet worden. Das Prinzip eines solchen Vorwerks bestand darin, den Angreifer durch ein weit im Vorfeld der Festung gelegenes Forts auf Distanz zu halten. Das erste Fort, das sogenannte „Neue Werk“ ist heute leider verschwunden.
Die Reichseinigung führte dann auch zu einer Neuorganisation des deutschen Verteidigungssystems. Die französische Kontribution lieferte die nötigen finanziellen Mittel, um die wichtigsten Festungsanlagen auszubauen, und eine Kette von vorgeschobenen Forts zu errichten.
Die Forts waren in der Lage, sich gegenseitig zu unterstützen. Mit Flankenbeschuss konnten die Bereiche zwischen den Forts (die sogenannten ''Zwischenfelder'') gesichert werden. Das Vorwerk übernahm damit die Funktion einer eigentlichen Kampfstellung, während gleichzeitig die alten Festungskerne an Bedeutung verloren.
Ursprünglich war geplant, um die Küstriner Festung acht solche Werke zu errichten. Da Küstrin aber nur eine zweitrangige Festung war, verzögerte sich der Bau der Forts um einige Jahre. Das Projekt wurde auf das Notwendigste reduziert. 1883 begann schließlich der Bau zweier Werke, die jedoch keinen zusammenhängenden Gürtel bildeten. Vielmehr sollte jedes für sich die wichtigsten Einfallsstraßen im Norden und Westen der Stadt sichern.
Die Forts in Zorndorf (B) und in Gorgast (A) unterscheiden sich deutlich von älteren ''Standartwerken''. Beim Bau fanden damals die neuesten Erkenntnisse Berücksichtigung.
So hatte zum Beispiel der Einsatz des Repetiergewehrs im türkisch-russischen Krieg von 1877-1878 zur Folge, dass größeres Gewicht auf den Ausbau der Infanteriestellungen gelegt wurde.
Die herkömmlichen Höfe wurden durch Korridore ersetzt, die durch Erdaufschüttungen voneinander getrennt waren, um so besseren Schutz vor den massiven Granatsplittern zu bieten.
(Die meisten europäischen Armeen waren um 1880 bereits neben Flachfeuergeschützen auch mit fahrbaren Haubitzen ausgestattet).
Mitten in die Bauarbeiten platzte 1885 die Meldung über erfolgreiche Versuche mit sogenannter ''Brisanzmunition“ (mit Zeitzündern versehene Granaten).
Gegenüber dieser neuen Munition waren die traditionellen Festungsbauten so gut wie wehrlos. So verstärkte man wenigstens noch die noch nicht fertig gestellten Decken und Wände mit einer Betonschicht. Anfang der 90er Jahre mussten dann auch noch die übrigen lebenswichtigen Teile des Werkes mit großem Aufwand umgebaut werden. Die Waffentechnik entwickelte sich jedoch so schnell, dass noch vor der Jahrhundertwende alle weiteren Pläne zur Modernisierung der Forts aufgegeben wurden.
Die rasanten technischen Veränderungen machten es 1886 nötig, Stärke und Bedeutung der deutschen Festungen neu zu bewerten. Küstrin wurde nun zu einer zweitrangigen Festung, und so beschloss man auch, die noch andauernden Arbeiten an den Forts in Gorgast und Zorndorf möglichst kostengünstig zu beenden. Im noch nicht bebauten Südabschnitt der Festung wurden dann nur noch zwei „kostengünstige“ Werke gebaut: Das Fort in Säpzig von 1887-1890, und das in Tschernow von 1888-1890.
Von weiteren Modernisierungen nahm man Abstand, denn die beiden Werke waren schnell veraltet so dass ihnen während der Kriegsvorbereitungen 1914 im Rahmen der ganzen Festungsanlage nur eine untergeordnete Rolle zukam.
Um die beiden neueren Forts Tschernow (A) und Säpzig Werke zu verstärken wurden in der Umgebung Unterstände für Schützen und Artilleriemunition gebaut, die die Grundstruktur eines umfassenden Feldbefestigungssystems bildeten (B). Bald darauf hatten die beiden Forts ihre militär- strategische Bedeutung völlig verloren.
Während des I. Weltkrieges befand sich im Fort Gorgast ein Gefangenenlager, nach dem Kriege waren dort Optanten (Deutsche, die sich entschieden haben, aus dem neuentstandenen Polen nach Deutschland umzusiedeln). Danach diente das Fort als Munitionslager. Aufgrund seiner abseitigen Lage, und der Erdaufschüttungen war es dafür geradezu prädestiniert. Am Ende des II. Weltkrieges kam es in der Umgebung zu schweren Kämpfen. Im Fort hatte sich eine Einheit der Roten Armee verschanzt. Die Spuren chaotisch angelegter Schützengräben, die die Soldaten in die Brustwehren des Artilleriewalls gegraben haben, sind noch heute zu sehen. Dies war das einzige Mal in der Geschichte, dass das Fort als strategisch wichtiger Stützpunktes fungierte.
Die Rote Armee betrachtete das Werk als vollwertige „Festung“. Um diese ''unschädlich'' zu machen, sprengten sowjetische Einheiten alle betonverstärkten Teile im Forts. Durch die Sprengung wurden unter anderen auch die Unterstände auf dem Artilleriewall und auf den vorderen ''Bastionen'' fast völlig zerstört.
Während der Flutkatastrophe im Jahre 1947 wurde das Erdreich der Umwallung als Baumaterial zur Befestigung der örtlichen Strassen abgetragen. Dadurch verschwand auch ein großer Teil der Aufschüttungen im linken Kehlbereich des Forts. In späteren Jahren war der Bewuchs auf den Erdwällen sich selbst überlassen, sodass das Werk heute mit dichtem Gebüsch und zahlreichen Bäumen bewachsen ist.
Bis zur „Wende“ in der DDR nutzte die Nationale Volksarmee das Fort als Munitionslager (Entsorgungsstätte). Um den Zugang zur nahegelegenen Bahn zu erleichtern, wurde ein Teil des Wassergrabens zugeschüttet, und der so entstandene Weg mit Betonplatten ausgelegt. Diese Betonstraße durchschneidet nun regelrecht die rechte ''Halbbastion“. Auch im Inneren des Forts ist einiges verändert worden. Die ursprünglichen Fenster wurden herausgerissen und durch graue Stahltore ersetzt. Auf dem ehemaligen Waffenplatz des Werkes entstanden mehrere kleine Zweckbauten, die die kleine NVA-Mannschaft nutzte, und die zugleich den Blick auf das Werk verstellten.
Heute werden die relativ gut erhaltenen Teile des Forts schrittweise saniert. Der Verein „Fort Gorgast“ e.V. ist bemüht, die historische Bausubstanz zu retten. Eine beschwerliche Arbeit, zumal in den Archiven kaum noch Material zu finden ist. Glücklicherweise ist das Fort Zorndorf gerade in den Elementen relativ gut erhalten geblieben, die in Gorgast stark beschädigt worden sind.
Beide Werke sind heute einmalige Technikdenkmäler. Vor allem, weil sie, trotz kleiner Veränderungen, noch im Urzustand erhalten sind, und somit eine bestimmte Entwicklungsphase der Festungskunst repräsentieren.